Aktuelle Neuerscheinung: netWORKS Paper 32

29. Mai 2017 - Literaturhinweis

Integrierte Bewertung neuartiger Wasserinfrastruktursysteme. Vom städtischen Quartier über die Gesamtstadt bis zur regionalen Perspektive

Derzeitige Wasserver- und Abwasserentsorgungsinfrastrukturen bedürfen einer Anpassung bzw. Transformation, um gegen Herausforderungen wie den demografischen Wandel, den Klimawandel oder Mikroverunreinigungen gewappnet zu sein. Auch ihre Energie- und Ressourceneffizienz gilt es in der Regel zu verbessern. Neuartige Wasserinfrastruktursysteme haben Potenzial, den genannten Herausforderungen mit alternativen Konzepten zu begegnen. Dabei stellt sich nicht nur die Frage nach der praktischen Ausgestaltung neuartiger siedlungswasserwirtschaftlicher Systemvarianten, sondern auch nach ihrer integrierten, mehrdimensionalen Bewertung. Wesentlich ist dabei zu klären, welche Randbedingungen zu berücksichtigen sind.

Zu diesem Zweck wurde im Zuge dieser Studie ein entsprechender Bewertungsrahmen entwickelt. Ziel ist, aus ausgewählten technischen Systemvarianten jeweils diejenige zu identifizieren, die unter den bestehenden Rahmenbedingungen nachhaltig ist und die größte Wirkung nach erfolgter Transformation entfaltet. Eine solche integrierte Bewertung wird am Beispiel von Modellgebieten in Hamburg und Frankfurt am Main durchgeführt.

Der Bewertungsrahmen umfasst dabei drei Bewertungsebenen:

  • eine detaillierte Bewertung der Auswirkungen der Transformation und der Anforderungen an den Transformationsprozess in ausgewählten Modellgebieten (Bewertungsebene 1),
  • die Berücksichtigung der Auswirkungen und Bedingungen der Umgestaltung der Wasserinfrastruktur auf die Gesamtstadt (Bewertungsebene 2) sowie
  • ein Ausblick in Bezug auf den Innovationsbedarf und das Transformationspotenzial aus regionaler Perspektive (Bewertungsebene 3).

Bei der vergleichenden Bewertung ausgewählter Systemvarianten von Wasserinfrastruktursystemen zeigen die Analysen auf Modellgebietsebene, dass neuartige Wasserinfrastruktursysteme grundsätzlich mit konventionellen konkurrieren können. Bei einer starken Gewichtung der ökologischen und sozialen Belange sind neuartige Wasserinfrastruktursysteme ihnen häufig sogar überlegen. Die multikriterielle Bewertung bietet eine gute Grundlage für die Identifizierung der teilräumlichen Varianten mit dem größten Wirkungspotenzial. Neben den Wirkungen sind der Transformationsaufwand und die sich dabei eröffnenden Chancen im Einzelfall zu bewerten.

Die nachhaltigste technische Systemvariante in einem konkreten Modellgebiet muss jedoch nicht zwangsläufig auch für den jeweiligen Stadtteil bzw. die Gesamtstadt besonders gut geeignet sein. Die Infrastruktur eines Modellgebiets weist zahlreiche Interdependenzen mit der städtischen Infrastruktur auf, in die sie eingebettet ist. Daher müssen neben der integrierten Bewertung der Wasserinfrastruktursysteme für einen Teilraum, auch die weiteren räumlichen Skalenebenen über den Stadtteil bis zur Gesamtstadt in den Blick genommen werden.

Städte können in Regionen mit sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen, wie z.B. Klimawandel und demografischer Wandel, und ihren regionalen Ausprägungen liegen. Bei der regionalen Perspektive sind die Auswirkungen auf die regionale Entwicklung, Auswirkungen auf die Umwelt und teilräumliche Verflechtungen zu berücksichtigen. Negative Trends der räumlichen Entwicklung dürfen nicht zusätzlich durch eine reduzierte Qualität von Infrastrukturdienstleistungen verstärkt werden. Auch ist darauf zu achten, dass Infrastrukturen beispielsweise zwar vorteilhaft für eine Stadt sein können, jedoch ihr Umland etwa durch einen überproportional hohen Wasserbedarf nachhaltig beeinträchtigen können. Für wasserwirtschaftliche Fragestellungen, die weit über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einzelner Aufgabenträger oder die Kosten für die Anpassung von Einzelanlagen und -netzen hinausgehen, bieten sich sogenannte konzeptionelle Leitbilder an. Unverzichtbar für einen regionalen Prozess der Leitbildentwicklung ist das Engagement vor Ort, in den Kommunen der Region und möglichst in Kooperation mit den Nachbarkommunen sowie in Abstimmung mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern.